Nachruf Prof. em. Alfred X. Trautwein
Alfred Xaver Trautwein (1940-2019) wuchs in Neu-Ulm auf, wo er 1961 am Kepler-Gymnasium das Abitur machte. Danach studierte er Physik an der Technischen Universität München, an der er 1967 sein Diplom erhielt und 1969 promoviert wurde. Dort lernte er auch Rudolf Mössbauer kennen, der für die Entdeckung des nach ihm benannten Effekts 1961 den Nobelpreis erhalten hatte. Nach seiner Promotion wurde Trautwein Assistent von Ulrich Gonser an der Universität Saarbrücken, wo er mit Werner Keune ein Labor für Mössbauerspektroskopie aufbaute. Trautwein habilitierte sich dort 1973 in Physik und Quantenchemie und verfasste zusammen mit Uwe Kreibig und Jürgen Hüttermann das erfolgreiche Lehrbuch "Physik für Mediziner, Biologen, Pharmazeuten", von dem mittlerweile die 8. Auflage erschienen ist, und zusammen mit Philipp Gütlich und Rainer Link ein Standardwerk zur Mössbauerspektroskopie, das unter dem Titel "Mössbauer Spectroscopy in Transition Metal Chemistry" vom Verlag Springer herausgebracht wurde.
Im Jahr 1980 wurde Trautwein als ordentlicher Professor an die Universität zu Lübeck berufen und zum Gründungsdirektor des Instituts für Physik ernannt, das er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2007 leitete. In dieser Zeit wandte Trautwein die Mössbauerspektroskopie auf ein weites Feld von Metallverbindungen an, von Metallenzymen und biomimetischen Metallkomplexen über molekulare Magnete und optisch schaltbare Eisenkomplexe bis hin zu Tiefseesedimenten. Darüberhinaus leistete Trautwein auch wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung der Mössbauerspektroskopie als Methode, insbesondere durch die Nutzung von Synchrotronstrahlungsquellen in Hamburg und Grenoble. Seine Ergebnisse wurden in weit über 500 wissenschaftlichen Fachaufsätzen veröffentlicht und brachten ihm zahlreiche Ehrungen und Preise ein, so 1993 den Max-Planck-Forschungspreis, 1999 den deutsch-französischen Gay-Lussac-Humboldt-Preis, 2009 das Bundesverdienstkreuz am Bande und 2017 die Ernennung zum Ehrensenator der Universität zu Lübeck.
Charakteristisch für das Wirken von Alfred X. Trautwein war ein freundschaftlicher und interdisziplinärer Austausch mit zahlreichen Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen. Neben Forschungsaufenthalten in den USA und in Japan reiste er zu Fachkonferenzen auf buchstäblich allen Kontinenten der Erde und war auch selbst Organisator zahlloser Workshops und Konferenzen, darunter die „International Conference on Biological Inorganic Chemistry“ 1995 in Lübeck und die „International Conference on Applications of the Mössbauer Effect“ 1999 in Garmisch-Partenkirchen.
Trautwein engagierte sich sowohl für die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft (zum Beispiel als einer der Gründer der „Society for Biological Inorganic Chemistry“, der er auch als Präsident diente, und als Sekretär der Deutschen Biophysikalischen Gesellschaft) als auch in der universitären Selbstverwaltung als Forschungsdekan, als Vizerektor und schließlich von 2002 bis 2005 als Rektor der Universität Lübeck. In diesen Ämtern hatte Trautwein maßgeblichen Anteil an der Ausweitung des Studiengangsangebots der Universität und an der Ansiedlung des Fraunhofer-Instituts.
Nach der Übergabe der Institutsleitung an seinen Nachfolger Christian Hübner war Trautwein mehr als ein Jahrzehnt als Emeritus im Institut für Physik tätig. Er nahm weiterhin regen Anteil am Institutsleben und war aufgrund seiner langen Erfahrung und seiner umgänglichen, freundlichen und herzlichen Wesensart bei allen Institutsangehörigen als Ratgeber gesucht. Als Emeritus veröffentlichte Trautwein noch zwanzig Fachartikel und redigierte Neuauflagen seiner beiden Lehrbücher.
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